Hans-Georg Merkel

Preisträger BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021

Bürgerzentrum »Altes Forsthaus«

Hördt

Hans-Georg Merkel

Bürgerzentrum »Altes Forsthaus«

Hördt
Architekt
Haack Lauerbach Architekten BDA
Fertigstellung
2020
Mitarbeitende
Mathias Haack, Heike Haack-Lauerbach
Fotografie
Hans-Georg Merkel
Bauherr
Ortsgemeinde Hördt

Im Auftrag der Ortsgemeinde wurden bereits im Rahmen der Dorfmoderation Kriterien des zukünftigen Projekts durch Bürgerbeteiligungen gesammelt, die anschließend im Wettbewerbsverfahren die Anforderungen definierten. Die Ortsgemeinde Hördt erwarb 2013 das historische Anwesen „Altes Forsthaus“ aus Gebäudebestand und naturnahem Areal.

Anschließend fand zu Beginn 2013 ein Architektenwettbewerb mit dem Ziel statt, aus dem ebenfalls zu entwickelnden Nutzungskonzept ein für die Öffentlichkeit mit vielfältigen Funktionsmöglichkeiten zu belegenden Projekts zu etablieren. Mehrfach wurden die Bürger bei der Projektentwicklung durch Teilnahme an Diskussionen und öffentlichen Veranstaltungen eingebunden. Diese intensive Aus-einandersetzung vieler Bürgerinnen und Bürger förderte die Identifikation mit den Themen rund um das Projekt und führte zum „Bürgerzentrum Altes Forsthaus“ in Hördt. Aus der Nutzung und dem städtebaulich-landschaftlich einzigartigen Standort wurden die Maßnahmen für eine Sanierung mit Umbau und Erweiterung des ca. 120 Jahre alten Gebäudes in den Folgejahren entwickelt. Die Umsetzung der Baumaßnahme an den Gebäuden erfolgte ab 2019 und fand in den Freianlagen in 2020 einen Abschluss. Das Gesamtkonzept stellt ein Ergebnis gezielt eingesetzter, öffentlicher Investitionen zur zukunftsorientierten, nachhaltigen Sicherung historischer Bausubstanz dar. Dabei standen folgende Aspekte im Vordergrund:

  • Erhaltung durch nachhaltige Nutzungen
  • sensibler Umgang mit der Bausubstanz und dem Standort
  • Verwendung vorwiegend natürlicher Baustoffe in Sanierung und Neubau
  • ökologisch und ressourcenschonende, klimaneutrale Haustechnik 
  • barrierefreie Erschließung und Nutzung
  • handwerkliche Baukunst steht für den werteprägenden Zusammenhang von Mensch und Umwelt

Ein dem Bedarf folgender, jedoch insbesondere die Entwicklung und Aufnahme neuer Funktionen unter-stützender Nutzungsfächer bietet Raum für viele Möglichkeiten vielfältiger Aktivitäten. Das gemeindliche und private Angebot kann künftig durch Veranstaltungen, die vor Eröffnung des Bürgerzentrums auf Grund des fehlenden Platzes nicht erfolgen können, ergänzt werden. Durch dieses zusätzliche und kombinationsfähige Raumangebot erfolgt eine Entzerrung der bisherigen dezentralen Nutzungen in unterschiedlichen Gebäuden im Ort und bietet einen generationsübergreifenden Treffpunkt für Senioren, Teenager, Familien, Vereinstätigkeiten, für den öffentlichen und privaten Gebrauch. 

Das sanierte, umgebaute und erweiterte „Alte Forsthaus“ stellt Räume für Vereine, einen Bürgersaal für etwa 100 Personen und die vom Land Rheinland-Pfalz eingerichtete Ausstellungsfläche „Wasser, Aue, Wandel“ bereit. Mit dieser Ausstellung zu Klimawandel, Waldökologie und dem ortsbezogenen Hochwasserschutz Hördter Rheinaue wurde neben der Sicherstellung einer nachhaltigen Nutzung dem

Standort auch ein übergeordneter Bezug zu den aktuellen gesellschaftlichen Themen hergestellt. Somit kann das Projekt „Bürgerzentrum Altes Forsthaus“ auch für die wechselseitigen Abhängigkeiten ausgehend vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger, einem sensiblen Umgang mit der Vielfalt der Thematik „Ressource“, über die Wahrnehmung von Ort und seiner näheren Umgebung, bis hin zu den gesamtheitlichen Aspekten der Umwelt stehen.

In den nächsten Jahren wird im Rahmen der vom Land Rheinland-Pfalz initiierten „Aktion Blau Plus“ der nahegelegene Naturraum „Klingbach“ gestalterisch thematisiert.

Preisträger

BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021 – ANERKENNUNG

Das „Alte Forsthaus“ steht an einem arkadischen Ort am Rand im südpfälzischen Hördt, unweit des Klingbachs, inmitten der Landschaft. Fern von jedem Objektnarzissmus haben die Gemeinde als Bauherrin und das Architektenpaar Heike Haack Lauerbach und Mathias Haack das rund 120 Jahre alte Gebäude ins Zentrum des 2700-Einwohner-Dorfs gerückt. 

Sensibel und achtsam, werthaltig en detail. Bauen als Herzensangelegenheit, schon gleich nach Erwerb des Gebäudes wurde die Dorfgemeinschaft bei einer Dorfmoderation in die Planung einbezogen und auch über den Architekturwettbewerb 2013 hinaus beteiligt. Ein identifikatorischer Prozess, bestimmt in Teilen anstrengend, aber rentabel. 

Entstanden ist ein multifunktionales Bürgerzentrum, unter anderem mit einem sacht angebauten Veranstaltungssaal, überdacht von einer imposanten Holzkonstruktion. Im Dachgeschoss des Bestandsbaus ist die Dauerausstellung „Wasser, Aue, Wandel“ zum Klimawandel, zur Waldökologie und zum Hochwasserschutz in der Hördter Rheinaue eingerichtet. Der Ortsbürgermeister hat im Erdgeschoss temporär seinen Sitz. Dabei wurde bei der Sanierung und dem Umbau so viel es geht an Funktionalität und Substanz erhalten, der Charme des Gebäudes behutsam freigelegt und alles dann nachhaltig fortgebaut. Das Bürgerzentrum „Alte Forsthaus“ verströmt so gewachsene Zeitgenossenschaft. Eine vorbildliche Vorlage für die weitere Dorfentwicklung, die als nächstes jetzt ein Erlebnispfad am nahen Klingbach vorsieht. Ganz groß im Kleinen. 

Ein Anlass über Gemeinsinn und Zukunft abseits der prekär gewordenen Metropolen nachzudenken.